Lernen ein Leben lang
Italienisch Kurs ab August 2014 Wiederholung und neue/alte Erfahrungen
Grundsätzlich habe ich eine Grundmotivation unterschiedliche Dinge lernen zu wollen, allerdings bin ich wenig autodidaktisch veranlagt. Soll heißen, ich benötige einen Lehrer, der vor mir steht und mir die Welt oder was auch immer erklärt. Ich mag es nicht, mir Dinge alleine anlesen oder aneignen zu müssen. Ich besuche dagegen gerne Kurse, die mir neue Welten eröffnen und gleichzeitig den sozialen Aspekt von neuen Kontakten und miteinander ins Gespräch kommen ermöglichen.
Italienisch lernen – ich liebe es!
Von 1981 bis 1984 habe ich fast 4 Jahre sehr intensiv Italienisch gelernt. Warum? Ich mag die Sprache. Sprachen liegen mir und neben einem ziemlich ordentlichen Englisch (berufsbedingt) und einem ganz passablen Französisch hatte ich irgendwann den Impuls Italienisch zu lernen. Obwohl ich das ziemlich gut auf die Reihe bekommen hatte und ich mit meinem Mann in den 80igern häufiger nach Italien fuhr und meine Sprachbegabung testen konnte, habe ich die Sprechfähigkeit über die Jahre wieder eingebüßt, einfach weil ich keine Übung mehr hatte. Italienisch ist ja nun auch leider keine Sprache des europäischen Alltags. Nach vielen Jahren der Italien-Abstinenz, Kindern, Job und den üblichen Ablenkungen des Alltags, begab es sich dass mein Sohn eine Halbitalienerin (di Sicilia) heiratete. Damit wurde meine Erinnerung an diese wunderschöne Sprache wieder wach und ich entschloss mich endlich 2014 – 30 Jahre nach den Anfängen – meine interne Festplatte wieder zu refragmentieren. Ich meldete mich entschlossen in einem Italienischkurs der örtlichen VHS an.
In der Anfängerstufe, wenn schon dann komplett von vorne!
Ich hatte außer ein paar Floskeln nichts mehr auf Lager. Aber schon bei einer ähnlichen Auffrischung meiner Französischkenntnisse von 2012-2013 hatte ich erfahren, dass die Festplatte (welche Hirnregion auch immer) tatsächlich nur schläft.
Seit August letzten Jahres gehe ich also sehr brav und regelmäßig zu Renata, eine taffe Italienerin in den 60igern (aus Sardinien), ehemalige Gymnasiallehrerin mit klaren Strukturen und sehr gereiften (perfekten) Deutschkenntnissen, da sie Germanistik studiert hat und lange Jahre Unterrichtserfahrung vorweisen kann. Somit fühlte ich mich gut aufgehoben. Ein bisschen streng wirkt sie manchmal, alte Schule noch, aber quirlig und sympatisch gemischt mit guter Didaktik, Konsequenz und gelegentlichen Gesangseinlagen hält sie uns bei Laune.
Der Kurs war von Anfang sehr gemischt, blutige Sprachanfänger gesellten sich zu Wiederholern wie mir, die nach langer Zeit wieder mal ihre Synapsen putzen wollten. Altersspanne von 20 – knapp unter 60. Schülerinnen und Hausfrauen, nebst begeisterten Italienurlaubern. Weiblich wie männlich, 9 Leute mit unterschiedlichen Absichten und Vorkenntnissen. Die Frauen sind allerdings von Anfang an in der Überzahl.
Nach wenigen Stunden Italienisch lernen schon begann meine Festplatte zu erwachen.
Vokabeln und Bruchstücke von Redewendungen, Endungen und Formen (wie Konjugationen) suchen sich ihren Weg durch mein Dickicht voller unstrukturierter Informationen. Spannend. Aber leider hat sich nicht sofort Erinnerung wieder eingestellt, sondern ich musste feststellen dass es ohne Lernen nicht mehr geht. Ach je, ich hatte es mir weniger mühsam vorgestellt. Mein kleiner Vorsprung war gegenüber den Fleißigen in der Gruppe nicht viel wert. Ich hatte zwar nach wie vor manche Sätze schneller parat, aber nicht unbedingt fehlerfrei. Unbeirrt korrigierte mich Renata, obwohl sie schnell merkte dass ich nicht ganz „Blanko“ war. Aber ohne stetige Korrektur, Übung und Wiederholung wird das nichts. Allerdings sind Hausaufgaben so gar nicht mein Ding. Entweder habe ich keine Zeit oder grad keine Lust und eine Woche ist sehr schnell rum. Aber eins wurde mir schnell klar:
wenn ich es richtig lernen will, brauche ich mehr Zielstrebigkeit und Ausdauer. Einmal die Woche reicht nicht
Gerade sind wir beim Passato prossimo angekommen.
Ho cominciato imparare l’italiano (= ich habe begonnen Italienisch zu lernen).
Sogar unser Familienhund mit italienischem Migrationshintergrund spitzt die Ohren, wenn ich italienische Sätze sage. Ich glaube sie (Nala – Mädchen) erinnert sich an ihre Kindertage in Sizilien wo sie aufwuchs.
Was mich genau an dieser Sprache fasziniert, weiß ich nicht so genau. Oder doch, es ist die Musik der Sprache die mir gefällt. Ich spreche gerne diese Wörter. Man singt die Sprache ein bisschen und dank meiner guten Aussprache und grundlegenden Affinität zu Sprachen und Dialekten kann ich die Intonation und Melodie gut aufnehmen.
Manch einer bricht sich die Zunge beim „Rrrrollenden RRRR“ oder kann es nicht lassen das „gh“ in jedem Wort falsch auszusprechen: Es heißt z.B. nicht Lamborschini sondern Lamborgini. Nicht jede deutsch gefühlte Betonung ist richtig.
Jede Sprache hat ihre eigene Melodie
und das nachzuempfinden, macht mir Spaß.
Italienisch hat aber auch was mit Lebensart zu tun, genießen im Kreis von Freunden, Vino e formaggio – Wein und Käse – hat in Italien auch Sonne dabei.
Was mir früher sowie heute fehlte, ist die Praxis. Bisher kann ich den italienischen Teil meiner Familie noch nicht beeindrucken und bin noch nicht bereit für richtige Unterhaltungen. Aber ich werde daran arbeiten. Ansonsten bleibt nur Urlaub in Italien, den ich natürlich auch nicht jedes Jahr machen kann.
Aber abseits von aller Sinnsuche bleibt einfach die Freude daran, etwas zu lernen. Damit sein Hirn zu trainieren und nicht dem stumpfen Alltag zu überlassen. Tagesschau, Krimis und immer wieder die gleichen Phrasen im Berufsalltag. Routine halt. Man stumpft ein bisschen (viel) ab.
Und es gibt keinen Grund das lebenslange Lernen nur auf „Sinnvolles“ zu beschränken.
Lernen hat besonders im fortgeschrittenen „Best Age“ auch etwas mit Lust und Freude an der Sache zu tun.
Vielleicht versuche ich es auch noch mal mit Russisch. Ich habe einen Kollegen, den ich leider nicht verstehe. Das wurmt mich ein bisschen. Ich weiß nie ob er nicht auch auf Russisch über uns andere lästert 🙂
Die Motivation kann also ganz unterschiedlich sein. Fakt bleibt, dass jede Art von Lernen aus eigenem Antrieb enthusiastisch macht und Lebensqualität verbessert. Neulich habe ich das gesamte Angebot der VHS studiert, um zu schauen was mich noch packen könnte. Das nächste Projekt ist auf jeden Fall auch Malen, wenn es mit dem Russischkurs nicht klappt. Ich bleibe meistens nicht lange und ausdauernd genug bei einer Sache, weil ich zu neugierig auf alles Mögliche bin. Daher sind kurze Veranstaltungen auch durchaus geeignet, mich zu begeistern. Das Angebot ist riesig, bis hin zum Seniorenstudium.
Was hindert also Ü50iger, sich zu entwickeln? Lohnt sich nicht mehr? Wozu die Anstrengung? Was sollen die anderen denken, wenn ich das nicht hinbekomme? Ach ne, ich stell mich zu dumm an. Sollen die Jungen mal machen, ich habe schon genug gelernt? Oder genug gearbeitet. Ich kann mir auch nichts mehr merken. Zu mühsam….. und…. Und…. Und
All diese Phrasen hemmen uns doch nur, Neues auszuprobieren.
Egal wie weit weg unsere Ziele auch von dem tatsächlich Erreichbaren sind, ein Stück auf dem Weg ist doch besser als nur noch auf dem Sofa zu sitzen.
Das ist der Grund warum ich nun seit Wochen alle möglichen Dinge aufschreibe, mir meine Gedanken dazu mache und immer neugieriger auf alles werde.
Gerade erst habe ich von einer 102-jährigen Deutschen gelesen, die ihre mündliche Prüfung 77 Jahre nach ihrer Doktorarbeit als Kinderärztin gemacht hat! Welche Motivation, welche Energie und Kraft steckt dahinter? Wieviel Willen kann ein Mensch entwickeln (Die heute 102 Jahre alte Ingeborg Syllm-Rapoport war im Jahr 1938 nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen worden –wg. Ihrer jüdischen Herkunft, die Prüfung hat sie im Mai 2015 mit Bravour bestanden!) http://www.focus.de/panorama/welt/wissenschaft-doktortitel-fuer-102-jaehrige-medizinerin_id_4736877.html
Seit fast 40 Jahren arbeite ich kaufmännisch strukturiert und organisiert.
Kreativität und einfach nur Spaß an der Freude gehen dabei manches Mal verloren
Aber nichts hindert mich, mit Blick auf die Rente noch einmal Neues auszuprobieren.
Da ist Italienisch lernen nur ein Baustein.
Vielleicht auch Flamenco?
Und was ist mit Spanisch?
Oder doch besser den Heilpraktiker für Psychotherapie…
Ich bin noch nicht am Ende.
Und ein bisschen verrückt ist auch ganz schön!
Alla prossima volta, hasta la proxima, bis bald.
See U in this blog.