Es ist der 6. November. Die Morgensonne schimmert durch die nur noch spärlich belaubten gelben und roten Baumkronen. Das Licht flimmert und zaubert Streifen von Lichtstrahlen nahe am Boden. Ein bisschen Nebel ist auch dabei. Wenn es nicht so kalt wäre, könnte man glauben dass man mit Shirt vor die Tür gehen könnte. Aber das Sonnenlicht täuscht uns. Beim ersten Kontakt mit der von Sonne gefluteten Umgebung stellt sich Gänsehaut ein.
Man möchte es nicht akzeptieren, aber es ist November.
Ich versuche, mir einen Plan jenseits der Hausarbeit zu machen. Wo fahre ich hin, um in diese schöne Herbstlichtwelt einzutauchen. Will ich nochmal die Farben und das Licht mit meiner Kamera einfangen? Wohin mit den ganzen Eindrücken? In meinen Bauch, in den Erinnerungsspeicher für schlechte Zeiten? In meine Fotobücher?
Was löst dieses Licht eigentlich in mir aus? Ich möchte es festhalten für dunkle Tage, die unweigerlich bald kommen. Vielleicht ist es heute sogar der letzte schöne Tag nach dem herrlichen Oktober. Aber jetzt gehe ich erstmal zum Sport. Die Prioritäten müssen eingehalten werden..
1 Tag später ….
Das hat man davon, jetzt ist das schöne Licht wieder Geschichte.
November Blues. Alles grau. Nebel am Morgen. Auch ganz schön.
Aber es ist saukalt und ich habe keine Lust draußen rumzulaufen. Meine guten Vorsätze schwinden schon vor Jahresende.
Daran nicht ganz unschuldig ist der alljährliche nervige Werbemarathon in Vorbereitung auf den Konsumrausch, der uns jetzt bevorsteht. Ich MUSS Dominosteine kaufen.
Es ist sozusagen ein öffentlich verordneter Bruch gegen alle Vernunft. Wer kann sich schon distanzieren von schönen Menschen, die gemütlich eingehüllt in kuschelige Decken mit einer Tasse dampfenden Tee in der einen Hand und einer zartschmelzenden Schokoladenkugel in der anderen genüsslich dieselbe mit einer quasi unanständigen Hingabe langsam (geht in der Realität gar nicht) lutschen. Da bleibt der Novemberblues vor der Tür. Es gibt eine Lösung!
Aber ganz ehrlich, dieses grausliche Überangebot von Schokolade, Keksen, Angeboten einschlägiger Kaffeeläden, die sich als Verführungskünstler inszenieren, macht mir Druck, was ich alles noch brauche vor Weihnachten. Unbedingt.
Die Werbeindustrie funktioniert selbst bei Menschen mit Distanz und kritischem Verstand. Leider auch bei mir.
Unser Unterbewusstsein wird sozusagen mindestens halbstündlich gebrieft. Die Botschaften schleichen leise und unmerklich in meinen Einkaufszettel und ich ertappe mich dabei, wie die süße Schublade für die Enkelkinder immer voller wird.
Da die Kleinen ja nicht so viel Zucker sollen, erbarme ich mich dann doch ab und zu….
Und schon sind wir wieder mittendrin im Versagen, in der Sünde, in der Schwäche. Aber das vergessen wir jetzt sofort wieder, weil wir ja den Novemberblues vertreiben wollen.
Wir kaufen die 100. Lichterkette mit energiesparenden LEDs – mindestens 500 Lichter. Kerzen, die im Dauerbetrieb flackern und dazu schöne Keksdosen und Backformen (Kaffeeladen) damit wir unserem Drang nach Weihnachtsgefühl nachgeben und uns die Welt schön knabbern.
Ihr könnt davon ausgehen, dass ich euch ab Januar erzähle, dass ich meine 100Xte Diät anfangen werde, um mich endlich und unwiderruflich von dem angefutterten Keksspeck zu verabschieden
Wir können uns dann gerne über die beste Variante aus dem Angebot diverser Erfolg versprechender Diäten unterhalten. Es gibt unzählige Möglichkeiten, es diesmal besser zu machen. Da fällt der Werbung schon was ein!
Also gebt euch nicht zu sehr dem Novemberblues hin, es folgt der Januardiätschock – unwiderruflich!
Eure verführte Ute
P.s. alle Fotos mit copyright by Ute Driesen