Ein letzter warmer Nachmittag im August
Ich sitze eingerahmt von rosé und weiß farbigen Hortensien in meiner kleinen Stadtoase.
Die Augustsonne ist am späten Nachmittag ungewöhnlich warm, nachdem es in den letzten Tagen reichlich und aus großen grauen Wolken häufig geschüttet hat. Die Luft ist klar, nur ein ganz bisschen dunstig, so wie sich der August halt anfühlt. Nicht mehr Sommer und noch nicht Herbst.
Ich beobachte ein paar Meisen und Rotkehlchen, die sich eifrig über die letzten Körner im Vogelhaus hermachen. (Man sollte die heimischen Vögel ja auch ganzjährig füttern…?! )
Ich mag das leise Flirren und das putzige Zirpen wenn sie sich unterhalten und hin und her flattern, um immer wieder zu kehren.
Ab und zu bellt ein Hund, könnte auch der eigene sein. Kinder spielen und vielstimmiges Lachen weht laut vom gegenüberliegenden Spielplatz. Der Wind pustet vorsichtig durch das Blattwerk der inzwischen gigantischen Hortensien, die dank des Regens der letzten Tage voll im Saft stehen und immer noch pink, weiß oder lila blühen. Dazwischen lugen ein paar späte rote und rosa Rosen durch das Blattwerk, der Garten hat keine Ordnung. Er ähnelt einem englischen Landhausgarten, der im Stile des „Lazy Gardening“ entstand. Ein bisschen wie Kindererziehung (meine) Ich ziehe sie ( die Blumen) nicht groß, ich lasse sie wachsen.
Kirchenglocken läuten.
Die Stimmung in mir ist leicht, genießend. Ohne Ziel. Ich habe nur beschlossen, die Worte in mir wieder einzufangen. Durch meine Augen und Ohren, durch meine Hände fließen sie in kleine Texte.
Was kann schon passieren, wenn man mit einem Gläschen Rosé und ein bisschen Schokolade am Nachmittag einfach so vor sich hin denkt.
Ich wechsele den Platz und halte mein einigermaßen gebräuntes Gesicht in die tiefe Sonne, dabei luge ich durch den dichten Blätterwald des einzigen Weinstocks, der sich um eine große Pergola rankt und sein Werk fast vollendet hat. In regelmäßigen Abständen hängen dicke Trauben hinunter und zeigen das Ende des Sommers und den Beginn des Weins an. Leider wird die Ernte nicht ausreichen für einen eigenen Wein, aber es ist schön es sich vorzustellen.
Hier bedienen sich zeitig die Amseln, Drosseln und Rotkehlchen an der saftigen Mahlzeit und ich freue mich ihrem gierigen Treiben zuzusehen.
Gleichzeitig spüre ich, dass der Abend schneller hereinkommt als noch vor wenigen Wochen, die Hitze dieses Sommers ist vorbei. Alle atmen auf. Wir freuen uns jedes Jahr auf den Sommer und genauso freue ich mich jetzt auf den Herbst. Den Geruch der abgemähten Felder, die tiefe Sonne und die Wiederkehr der Jahreszeiten.
Heute Morgen deutete jemand im Frühprogramm an, dass wir locker in 4 Monaten schon wieder Weihnachten haben. Unvorstellbar. Was hat sich verändert in diesen wenigen Monaten?
Die Welt ist in Aufregung, Kriege, Hunger, Wetterkatastrophen, Flüchtlingsströme. Hat sich wirklich etwas verändert oder sind es nur die immer wieder kehrenden mehr oder weniger schrecklichen Vorgänge auf diesem Planeten? Wie Jahreszeiten unaufhaltsam, mal mehr, mal weniger intensiv. Oder ist meine Oase am Rande der Stadt in rosa und lila Licht die wahre Realität?
Was nehme ich wahr, was will ich hören oder sehen. Oft genug denke ich, hier in meinem kleinen Quadrat zwischen all den Hortensien und Rosen kann es so bleiben wie es ist. Illusion einer friedlichen Welt.
Ich glaube heute abend bin ich friedlich zufrieden. Eure Ute
(Idee dank „Schreiben dicht am Leben“ von H.J. Ortheil ) Beobachtung 26.08.23./17.17h