Rente und was dann? Auf zu neuen Ufern.
Liebe Leute, ich hatte lange nichts mehr zu berichten . Zum einen weil mich der ewige Winter in eine gewisse Lethargie gestürzt hatte – einfach keine Lust auf Aktivität (nicht Müssen müssen) … Es fühlte sich ein bisschen an wie Präsenilium, Vorstufe zur Rente.
Zum anderen war ich beschäftigt mit neuen Ernährungsmethoden, durchaus ein Dauerthema bei mir. Aber ich hatte keine Lust mit dem Projekt öffentlich zu sein. Ich glaube, das Ernährungsthema ist eines der gemeinsten und strapaziertesten Themen überhaupt. Ich berichte gerne zu meinem Selbstversuch „Zucker- weizenfrei“ zu einem späteren Zeitpunkt.
Zum anderen hatte mich der Winter auch insofern voll im Griff, dass ich nur wenig Energie verspürte.
Einerseits wurde ich von Grippen und Erkältungen ausnahmsweise komplett verschont, andererseits hatte ich das Gefühl ich müsse ständig schlafen. Ich war so erschöpft und dauermüde, dass ich abends um 20.15h zur Primetime regelmäßig einschlief.
Im Januar führte mich eine Geschäftsreise nach Italien. Nach vielen Jahren im Innendienst hatte ich die Chance einige meiner Kunden, die ich mit neu gewonnen Kenntnissen des Italienischen betreuen durfte, persönlich kennen zu lernen. Das gab mir ein doch neue Motivation im Büroalltag.
Ich hatte den Reiseablauf geplant, meine Chefin vertraute mir die Organisation an und ich war vollauf zufrieden mit dem reibungslosen Programm. Dazu konnte meine Sprachkenntnisse einigermaßen sinnvoll einsetzen, was mich vollends motivierte hier weiter am Ball zu bleiben. It’s never too late. Ein bisschen Wehmut beschleicht mich in der letzten Zeit. Wieso Wehmut?
Einerseits bin ich froh, dass die vor mir liegende Zeit nach gut 40 Berufsjahren überschaubar wird. Wenn alles gut läuft und ich fit bleibe, werde ich in einer Handvoll Jahre in die Rente wechseln. Noch zu früh sich Gedanken zu machen? Mitnichten.
Ich blicke diesem neuen Lebensabschnitt mit Spannung entgegen. Ich habe keine Angst, dass es mir langweilig werden könnte.
Lediglich das Thema mit der Versorgungslücke gibt mir zu denken.
Ich werde ein Rentenniveau erreichen, dass etwas mehr als die Hälfte meines bisherigen Nettoeinkommens sein wird. Ups.
Schon jetzt führe ich Haushaltsbuch und wundere mich, wo alles hinfließt. Geld ist nicht weg, ist nur woanders. Ja, aber wann sollte ich anfangen mich mit den notwendigen Einschränkungen vertraut zu machen. Vielleicht sollte ich doch bis 67 weitermachen? Wo doch die erfahrenen aktiven Senioren in den nächsten Jahren vielleicht eine Lücke schließen können? Andererseits merke ich auch, dass Konzentration und Belastbarkeit abnehmen. Wo schon die jungen Kollegen klagen über Arbeitsverdichtung mit Permanentstress, merke ich auch dass die unterschiedlichen Anforderungen ab und zu meine Festplatte lahmlegen.
Was wollte ich noch grad? Ich kam, sah und vergaß was ich vorhatte. Das begegnet mir täglich. Und es regt mich auf. Warum also darüber nachdenken, ob ich bis 67 weitermachen will. Keine Frage, der Abbau hat ein Stück weit begonnen. Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Abbau meiner geistigen, organisatorischen oder sprachlichen Fähigkeiten ein progressiver sein wird oder ob ich schon jetzt einen Status erreicht habe, den ich noch locker 4 bis 6 Jahre so halten kann. Bundeskanzler sind häufig über 60!
Rente ab 70 ist vermutlich für die allermeisten Beschäftigten ein Hirngespinst.
Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Man wird langsamer, du brauchst mehr Zeit und auch Ruhe. Von körperlich belastenden Jobs mal ganz abgesehen. Da müssen andere Modelle her. Schrittweise die Stunden reduzieren zum Beispiel.
Wird sich ein durchstrukturiertes Leben in Freizeit auflösen? Werde ich das lernen und genießen?
Ich bin ein ziemlich strukturierter und organisierter Mensch. Mein Tages – und Wochenablauf ist kleinlich geplant. Dabei bin ich relativ entspannt, weil ich Zeitmanagement gelernt habe. Aber das ist ja nicht das Ziel in der Rente. Da will man ja auch mal alle fünfe grade sein lassen. Kann ich das überhaupt noch?
Entspannung und in die Luft gucken kann ich nicht so gut. Was für Sorgen!!
Dann der Verlust von Kollegen, die zu Freunden geworden sind. Seit fast 25 Jahren arbeite ich dann im gleichen Betrieb, viele sind mir ans Herz gewachsen. Ich habe als Betriebsrätin in mehr als 16 Jahren dann viele Facetten des Unternehmens und seiner Menschen kennen gelernt. Wird mir das nicht fehlen? Kann Familie das alles auffangen? Oder werde ich grantig und unzufrieden weil ich nicht gelernt habe mit zu viel Freizeit umzugehen? Muss ich vielleicht doch besser rechtzeitig was Ehrenamtliches suchen? Irgendetwas Kulturelles, Soziales – oder finde ich die Zeit meine Biografie zu schreiben. Emanzipation im Pott….
Welche meiner Fähigkeiten, die ich in über 40 Berufsjahren kultiviert habe, werden mir in der Rente nutzen oder helfen? Kommunikation ist auf jeden Fall ein großes Thema, ja. Die werde ich weiter pflegen, aber ich bin auch auf der Suche nach einer sinnvollen Aufgabe. Etwas, das ich oft glaubte zu vermissen in meinem Beruf. Dabei bin ich über die Jahre doch gereift. Ich stehe mitten im Leben. Habe ich Angst, etwas zu verlieren? Weil ich dann kein Mitglied der arbeitenden Bevölkerung mehr sein werde? Welch blöder Gedanke!
Auf jeden Fall spüre ich, dass das Ende der Berufstätigkeit – auch wenn man sie freudig erwartet – ein ziemlich verändernder Einschnitt sein wird. Auf den ich mich zum einen natürlich freue, weil ich endlich mehr Zeit habe – für mich und für die Familie, für Freunde, für Aktivitäten. Für mein Leben, das begrenzt ist. Und genau das ist der Knackpunkt!
Ist es überhaupt erlaubt, öffentlich sich dazu Gedanken zu machen? Wo doch ewige Jugend das Ziel ist!!!!
Mit der „drohenden“ Rente wird dir klar, dass der letzte Abschnitt anbricht.
Vielleicht noch 15, wenn es gut läuft noch 20 Jahre, davon vielleicht noch 10, 12 aktiv und hoffentlich bei guter Gesundheit. Das sind auch die Fragen, die dich beschäftigen. Klar, ich lebe jetzt und heute und kann nicht in die Zukunft schauen. Aber jeder einigermaßen intelligente Mensch möchte doch auch immer noch Ziele haben.
Die Ziele werden überschaubarer. Die Planungsgrößen sollten sich auf kürzere Zeiträume beschränken. Alles andere wäre vermutlich verrückt. Ich will mich auch lieber nicht damit beschäftigen, was in 10 oder 20 Jahren mit mir und der Welt in der ich lebe los ist.
Noch habe ich einen Haufen Energie, dennoch:
Mein Kopf ist momentan im Refragmentierstatus. Die Festplatte braucht mal wieder ein Reset, um die Dinge an die richtige Stelle zu rücken. Um klar in die nächste Zukunft zu blicken ohne Angst und Zweifel. Allet wird jut.
Wollt ihr dabei sein? Schön dass es euch gibt. Noch schöner, wenn ihr mit mir in die nächste Runde einsteigt. Wär schade, wenn wir uns aus den Augen verlieren.
Also so schlimm wird es schon nicht, das Rentenalter zu erreichen. Da geht immer noch was.
(Ich habe grad eine Konzertkarte für Sting im August gekauft, Open Air in Norddeutschland… machen so lang das Geld reicht und machen so lang die Beine mich tragen!)
In diesem Sinne, schöne fröhliche Ostern mit viel Sonne (im Herzen)
Eure Ute