Der Marktplatz in der kleinen Stadt ist umringt von schönen alten Fachwerk- und Jugendstilhäusern, die in der Morgensonne unter wolkenlos blauem Himmel leuchten. Spätsommer in der Stadt. Ein besonderes Gefühl.
Der Platz ist heute voller Marktstände, es duftet nach gebackenem Fisch, Blumen, Orangen, Fenchel, Kürbissen und Pilzen.
Es gibt ein großes Angebot an frischen Lebensmitteln, überall Warteschlangen. Die überwiegend älteren Leute an diesem frühen Vormittag warten geduldig, halten ein Schwätzchen, zählen das Kleingeld.
Rundherum gibt es einiges an Gastronomie, die bei herrlichem Spätsommervormittagssonnenschein rege besucht ist. Dicht gedrängt sind die Tische angeordnet, grau und rot sind die beherrschenden Farben eines der größten Bistros am Platz. Die Sonne blitzt langsam von Süden durch die riesigen Sonnenschirme, die den Aufenthalt gemütlich beschatten.
Die Wärme des Tages kündigt sich ungewöhnlich stark an für Mitte September. Spätsommer in der Stadt – wunderschöne Atmosphäre
Die, die ihren Einkauf schon erledigt haben, stellen die Körbe und vollen Taschen ab und genehmigen sich Kaffee, Espresso, Wasser oder sogar ein Weinchen! Dolce Vita : Spätsommer in der Stadt
Foto © Yüksel Durgut ( Unna Innenstadt)
Eine emsige dunkelhaarige Bedienung flitzt durch die Tischreihen, sie wirkt etwas gehetzt, bleibt aber freundlich und nimmt die Bestellungen auf. Manche Unentschlossene sitzen im Damenkreis gegenüber und studieren die Karte. Die vornehmlich älteren Damen sind gut gekleidet, die Haare ordentlich frisiert und manche tragen ein dezentes Make-up. Man plaudert angeregt über dies und das. Oft sind die eigenen Kinder das Thema, Wortfetzen wehen zu mir. Aber ich kann kein Gespräch verfolgen. Neben mir sitzt eine kleine Runde vier älterer Herren, die ebenfalls einen gepflegten Eindruck machen und höflich fragen, ob sie einen Stuhl entführen dürfen.
Sie unterhalten sich aufgeregt über die aktuelle Politik, über Probleme mit (ihren) Mietern, die die Wohnung nicht ordnungsgemäß hinterlassen haben. Sie nippen an Wein und trinken Bier, erhalten etwas später auch einen gut duftenden Mittagssnack (es ist inzwischen 12 Uhr).
Meine Nase macht Saltos zwischen Backfisch, Pommes und Pizza und es regt sich mein Hüngerchen.
Der Markt ist immer noch proppevoll und einige Menschen gehen suchend die Tischreihen ab, Ausschau haltend nach einem freien Platz. Wie gesagt, Mitte September, inzwischen 26°, kein Wind. Ich ziehe meine Strickjacke aus, die schon heute Morgen überflüssig war und bestelle mir ebenfalls einen kleinen Snack.
Ich fühle mich ein bisschen wie in einer Blase, die graue Rentnerbubble (zu der ich jetzt ja auch gehöre)
Am Freitagmorgen ist der Markt Treffpunkt in einer familiären Atmosphäre zwischen Einkauf und Schwätzchen. Man kennt sich, man verabredet sich. Die Welt ist in Ordnung. Zumindest fühlt es sich so an. Heile Welt vor der Haustür.
Ein älterer obdachloser Mann geht durch die Tischreihen um eine Zeitschrift von und über Obdachlose zu verkaufen.
Am Rande des Marktplatzes sitzen einige ungepflegte Menschen bzw. knien auf dem Asphalt mit einem Hut und einer armen Seele von Hund. Sie machen einen bedürftigen Eindruck, wechseln öfter den Platz und ich sehe dass sie mit ihren Handys daddeln. Irritierend. Es handelt sich offensichtlich um eine Gruppe, die sich abstimmt. Trotz aller Skepsis gibt es offenbar auch in dieser Szenerie Menschen, die sich weder Kaffee noch Backfisch leisten können. Nachdenklich.
Auch ich treffe eine alte Freundin und wir halten unser Schwätzchen spontan und ab und an die Nase in die Sonne bis die Marktstände peu a peu abbauen und ihre letzten Waren schnell noch verkaufen bevor sie den Marktplatz einer nach dem anderen in geordneter Reihenfolge verlassen.
Ich mache mich auf den Heimweg und spüre entspannt die Atmosphäre und Stimmung dieses Spätsommermorgens in der Stadt noch lange nach mit großer Dankbarkeit….
Eure Ute