Vergesslichkeit – Alltagsärgernis
versöhnen mit den kleinen Begleiterscheinungen des Best Age…
Gerade habe ich beim Blick in meine Geldbörse festgestellt, dass die 100 Euro, die ich gestern Nachmittag am Automaten gezogen habe nicht da sind. Hat meine bessere Hälfte mein Barvermögen geplündert ohne mir Bescheid zu sagen? Eigentlich macht er das nie. Aber vielleicht hat er vergessen, mit Bescheid zu sagen. Es wird sich klären.
Der Gedanke daran war schnell wieder weg, weil ich mich auf mein Tagesgeschäft im Büro konzentrieren musste. Eins nach dem anderen funktioniert. Nicht zwei oder drei Dinge gleichzeitig.
Die Zeiten sind vorbei. Meine Konzentration hat in den letzten Jahren nachgelassen. Augenblicklich merke ich aber auch, dass ich manchmal schwarze Löcher verwalte in meinem Hirn.
Plötzlich ist ein Gedanke wie ausgelöscht.
Gerade wollte ich noch eine Freundin anrufen. Zuvor wollte ich die Wäsche in den Keller bringen, auf dem Rückweg eine Flasche Wein mitbringen.
Nichts von alledem habe ich erledigt. Dafür habe ich begonnen Muffins zu backen, weil der Kaffee um vier so traurig ohne Gebäck da steht. Ach ja, die Freundin rief mich an um mir zu sagen, dass sie nicht zum Kaffee kommt…. Sie hatte einen anderen Termin gleichzeitig vergeben.
Zurück zum Geld aus dem Automaten. Ich habe gerade mein Konto gecheckt, um zu sehen was noch da ist. Da prangt mir eine Gutschrift über 100 EUR entgegen: Rückbuchung wg. Nichtentnahme Bargeld in der Bahnhofstraße. Ach je, ich hatte das Geld gar nicht eingesteckt. Nur die EC-Karte.
Nicht zum ersten Mal. Im letzten Jahr ist mir das zweimal passiert, einmal war das Geld weg (hinter mir war jemand direkt bereit, ein Geschenk entgegen zu nehmen) und einmal hat der Automat es wieder eingezogen und ebenfalls wieder dem Konto zurück gegeben. Erleichterung auf der einen Seite, Verzweiflung auf der anderen. Weil ich mir nach dem ersten Mal schon eingehämmert hatte, dass mir das nicht wieder passiert.
Was war gestern so ungewöhnlich, dass ich mein Geld im Ausgabefach habe stecken lassen? Nichts, einfach nichts. Ich wollte zum Theater nach Dortmund fahren, wollte etwas Geld mitnehmen für ein Glas Wein in der Pause. Kein Stress zuvor. Einfach Nichts. Ich habe es schlichtweg innerhalb von Sekundenbruchteilen vergessen und bin gegangen ohne Geld. Und ich habe keinen Gedanken mehr daran verschwendet, weil ich sicher war, dass ich es mitgenommen hatte. Den Wein hatte meine Freundin bezahlt. Nichts hat gefehlt.
Was sind das für Aussetzer? Sind das die ersten Warnzeichen für Alzheimer, Demenz?
Ist ja in aller Munde. Warum bin ich so schnell abgelenkt und unkonzentriert? Es macht mir zunehmend Sorgen.
Zugegeben. Die Belastbarkeit nimmt ab, sicher das sind ganz normale Prozesse.
Aber die Häufigkeit solcher „Anfälle“ beunruhigt mich doch. Viele Menschen in dieser Phase erzählen ähnliches, aber sind die schwarzen Löcher häufiger oder eher seltener als bei mir?
Sollte ich den Arzt konsultieren?
Ich schreibe To-Do-Listen für den Tag, für die Woche, für den Monat und vergesse morgens in meinen Smartphone gesteuerten Kalender zu schauen. Arzttermin am Freitag 8.oo Uhr übersehen! Schiet.
Handy liegen gelassen, obwohl ich mir eingehämmert habe genau das nicht zu tun.
Ich plane meine Sport-Termine, meinen Friseur, meinen Sprachkurs, meine Besuche, meine Projekte taggenau. Ich bin, wie gesagt, extrem organisiert. Aber ich vergesse ständig irgendetwas. Oftmals keine großen Sachen, noch kann ich solche Ausrutscher kompensieren, das meiste kommt auch ganz schnell wieder ins Bewußtsein. Aber es gefällt mir nicht. Ich fühle mich wie fremd gesteuert.
Fehlt mir was? Oder habe ich doch zu viel um die Ohren?
Oder ist es einfach normal?
Ich habe keine Ahnung, aber es ist nicht witzig.
Im Internet kann man nachlesen, dass gesunde Ernährung, Bewegung, Mikronährstoffergänzung gegen das Vergessen helfen. Omega 3, Q 10, B 12. Mein Mann schwört auf Melatonin, ich versorge mich mit Vitamin D 3 und einem Wirkstoffkomplex als Nahrungsergänzung, der alle denkbaren pflanzlichen Wirkstoffe enthält.
Noch bin voll im Job, bemühe mich meine Synapsen im Kampf gegen die Vergesslichkeit zu pflegen
indem ich z.B. Italienisch lerne, bin auch sonst ziemlich aktiv. Und trotzdem….
Das Gefühl, dass der letzte Gedanke einfach verschwindet im Nirgendwo, dass die Löcher größer werden könnten macht mir Angst. Ergo: Ich muss dagegen etwas unternehmen.
Beim nächsten Arzttermin habe ich leider vergessen, das Thema anzuschneiden.
P.S. Wenn man drüber redet, wird es nicht besser – aber man trifft auf Menschen mit ganz ähnlichen Phänomenen. Unabhängig vom Geschlecht, und sogar Jüngere berichten mitunter dass das Vergessen um sich greift. Vermutlich sind unsere internen Festplatten in unserer Zeit deutlich überladen und keiner macht sich die Mühe, mal einiges über Bord zu werfen und einfach mal nur in die Luft gucken zu üben.
Das ist auch gerade im Best Age nicht überall hip. Die meisten von uns wollen doch gerne so jung wie möglich durch’s Alter hüpfen.
Vielleicht ein Makel, älter zu werden? Vielleicht ein Fehler im System?
Ich kann’s leider nur nicht aufhalten und habe beschlossen, langsamer zu werden. Eins nach dem anderen, nicht Multitasking tauglich – das funktioniert eh nicht. Früher nicht und heute erst recht nicht.
Et is wie et is und et kütt wie et kütt. Sacht der Westfale. Hömma, alt wirsse von alleine. Musse dich nicht beeilen…
Eure Ute